Als Kernfeatures, also Kernthemen für Potsdam, haben sich im Reallabor folgende Punkte herauskristallisiert:
- Bedarfsverkehr (DRT) im Potsdamer Norden und im betrieblichen Mobilitätsmanagement
- MaaS-Pläne (Mobilitätspakete) mit Quartiersbezug, zielgruppenspezifisch und flexibel
- Anreizsystem zur Unterstützung gesellschaftlicher sowie individueller Verhaltensänderung
- Ökobilanzierung zum Vergleich unterschiedlicher Verkehrsmittel als Bewertungsgröße
Diese sollen hier kurz erläutert werden.
1) Bedarfsverkehr (Demand Responsive Transport) – Szenario-basiert
Der reale Bedarfsverkehr im Potsdame Norden und im betrieblichen Mobilitätsmanagement soll eruiert werden. Die Szenario-Planung dazu findet in enger Kooperation mit dem Projekt „SmartUpLabs“
der Fachhochschule Potsdam statt. Ziel ist es, verschiedene Planungs- und Steuerungsmöglichkeiten sowie konkrete Use Cases (Anwendungsfälle) gegenüberzustellen, um jeweilige Potentiale und Herausforderungen noch vor der tatsächlichen Umsetzung bestmöglich abzuschätzen. Hierzu finden kontinuierliche Co-Design-Workshops zwischen ViP, LHP und FHP statt. Grundlage ist ein Stadtmodell (ein sogenannter digitaler Zwilling) mit räumlichen, sozio-demografischen und verkehrlichen Basisdaten, das mithilfe eines Dashboards relevante Kennwerte bereitstellt. Sowohl Daten aus wissenschaftlichen Studien als auch Erfahrungswerte der Planenden zu Zielen, Nutzbarkeit und Anforderungen an Interfaces (Übergangsstelle zwischen verschiedenen Komponenten eines IT-Systems) fließen in Modell und Bedienung ein. Die Erkenntnisse dieses Prozesses werden sowohl in der Planung der DRT-Tests als auch in der Gestaltung der MaaS-Pläne berücksichtigt.
2) MaaS-Pläne in einer App - anpassbar
Ziel der MaaS-Pläne ist es, attraktive Pakete für Kund*innen zu schnüren, die ökologisch und sozial nachhaltige Mobilitätsformen fördern – in einer App. Darüber hinaus sollen die MaaS-Pläne lokal anpassungsfähig sein (mit Bürger*innen-Beteiligung) und positive Beiträge zur Quartiersentwicklung leisten. Diese Zielorientierung unterscheidet sie von herkömmlichen MaaS-Angeboten und Reiseinformations-Apps. Die aktuell existierenden Plan-Entwürfe basieren neben der Fachliteratur und den Partner*innen-Expertisen auf Erkenntnissen der App-Tracking Studie „Digitale Spuren Potsdam“ (2021) sowie der umfangreichen Umfrage „Innovative Mobilität im Bornstedter Feld“ (2018). Sie schöpfen sich aus einem modularen System aus Verkehrsmitteln, Nutzungsweisen und zusätzlichen (auch nicht mobilitätsbezogenen) Angeboten. Aktuell adressieren sie z.B. die Nutzer*innen-Segmente Pendler*innen, Autofahrer*innen, Student*innen, Wahl*Familien mit spezifischen Angeboten, die im Frühjahr 2022 mit Nutzer*innen getestet werden.
3) Anreizsystem - Transformations-orientiert
Das Anreizsystem, das gesellschaftliche und individuelle Verhaltensänderungen zugunsten einer verbesserten Ökobilanz befördern soll, ist wie folgt aufgebaut: Der Lokalbezug identifiziert und adressiert konkrete Bedarfe im Quartier (spezifische Wegezwecke, fehlende Kulturangebote, Auto dominierend etc.). Über die Ökobilanz wird ein generisches Rechenmodell (Vergleichswerte CO2-Ausstoß verschiedener Verkehrsmittel) etabliert, welches eine Währungsfunktion (Vorteile) sowie eine Aufklärungsfunktion (Bewusstsein) hat. Die damit geschaffenen, quantifizierbaren Werte (z.B. gesammelte ÖPNV- oder Klimameilen, also CO2-Einsparung) werden genutzt, um wiederum die lokalspezifischen Bedarfe zu unterstützen (etwa zusätzliche Radspuren, Einkaufen ohne Auto, Sammlung für Kulturraumprogramm etc.). Gleichzeitig sind sie wirksam im Sinne der übergeordneten Klimaziele der LHP. Die Incentivierung ist der Mechanismus, der es für die Nutzer*innen attraktiv macht, eine bessere Ökobilanz ihres Quartiers oder Mobilitätsverhaltens zu erreichen. Akteure mit gemeinsamen Zielen (etwa die LHP, Initiativen oder Institutionen) sollten als Incentivegeber*innen in das System integriert werden. Dabei setzen wir aktiv auf wechselnde, dynamische Anreiz-Kampagnen, die jeweils eigene Ziele adressieren sollen.
4) Ökobilanzierung - Werte-basiert
Die Ökobilanzierung ist ein Mittel zur Erzeugung einer höheren Transparenz über die Effekte der individuellen und geteilten Mobilität der Nutzer*innen. Sie zeigt übersichtlich Vergleichswerte des CO2-Verbrauchs unterschiedlicher Verkehrsmittel an und erlaubt so eine zusätzlich qualifizierte Auswahl. Es werden hier keine absoluten CO2-Werte angezeigt, sondern der Mehr- oder Minderverbrauch je Route im Vergleich zu einem Durchschnitts-PKW. Dies erleichtert die Einordnung der Werte und rückt sie näher an das Alltagswissen der Nutzer*innen. Die Berechnungsgrundlage für die Schadstoffemission des Durschnitts-PKWs wird aus dem PHEMlight-Modell der TU Graz
abgeleitet. Die Vergleichswerte sind zudem abhängig von Fahrzeugtyp und Geschwindigkeit. Die hinterlegten Werte für Busse, Tram und S-Bahn stammen vom ViP-Verkehrsbetrieb. Im Hintergrund können auch Werte für Feinstaub, NOx, Energie- sowie Benzinverbrauch berechnet werden. Die den verschiedenen Routenoptionen zugeordneten Informationen werden über ein intuitives Icon-, Farb- und Hierarchisierungs-System dargestellt, welches hilft, nachhaltige Angebote prominent und attraktiv zu listen. Die Ökobilanz ist integraler Baustein des zielorientierten Anreizsystems.