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KUZ Quartett 2015-1 - Kolumne

"Quartett" heißt unser Kundenmagazin, das Sie über die neuesten Entwicklungen in unseren Stadtwerke-Unternehmen und über alles Wissenswerte zu deren Tätigkeitsbereichen Energie, Wasser, Entsorgung, Verkehr, Bäder, Stadtbeleuchtung informiert.

Kolumne DER GEIST, DER ORDNUNG SCHAFFT Deutschland, Land der Dichter und Denker. Das war mal. Jetzt sind wir das Land der Mülltren- ner – international gesehen. Was auf den ersten Blick leicht despektierlich klingen mag, ist durch- aus ein Lob. Gut, mit Goethe und Schiller können die farbigen Tonnen noch nicht ganz mithalten. Und auch Sonderfahrten asiatischer Urlauber- gruppen zu Müllsammel- und -verwertungsstel- len haben es bisher nicht vermocht, Sanssouci und den Filmpark Babelsberg als touristische Attraktionspunkte auf die Plätze zu verbannen. Aber etwas neidisch schaut man schon aus dem Ausland auf die fleißigen deutschen Haushalte, die ihre Zivilisationshinterlassenschaften so akri- bisch sortieren. Mehr noch: Deutsche Müll-Mis- sionare sind auf der ganzen Welt unterwegs und preisen das Modell der „german waste separa- tion“ als gelungenen Umweltschutz und Quelle neuen Reichtums. „Urban mining“ heißt das und meint, dass unser Müll eine echte Goldgrube sei. Folgerichtig entwickelt sich der Müll zum Ex- portschlager. Eine Tonne geschredderter Plastik- flaschen bringt auf dem Weltmarkt mehrere hun- dert Euro und findet reißenden Absatz, besonders in Asien. Als „modern sportwear“ können wir dann unseren recycelten Plastikmüll wieder zurückkaufen – und mit der nächsten Plastikpulle in der Hand bei der täglichen Laufrunde durch den Park voll­ schwitzen. Das nennen wir mal einen Kreislauf! Allein, der genauere Blick in die Tonne enthüllt Schmähli- ches: Im Wunderland der Müll- trennung landen immer noch 50 Prozent der Abfälle unterm falschen Deckel. Bei der Fahn- dung nach dem Geist, der Sinn und Ordnung so verneint, be- tritt ziemlich schnell der Trenn- muffel die Bühne. Weder Igno- ranz noch Faulheit seien seine Triebfedern. Nein, vielmehr weise Erkenntnis. Er kennt des Pudels Kern. „Die schütten doch nachher sowieso wie- der alles zusammen“, lautet der Kernsatz seiner allzu weltlichen Anschauung. Das ist zwar leider falsch, aber umso bequemer. Und wenn nachher das Styropor aus der Biotonne ragt, der Röhren- fernseher die Tonne für den Verpackungsmüll ver- stopft und die Müllwerker die Abfuhr verweigern, kann sich keiner mehr erklären, wie das passieren konnte. In Mehrfamilienhäusern hat der Müll dann das Zeug dazu, mehr Kabale als Liebe unter den Nachbarn zu stiften. Denn das kongeniale Gegen- stück zum Trennmuffel ist der biodynamische Ab- fallologe. Dieser aufgeklärte Zeitgenosse macht in seinem Antagonisten den Verhinderer einer besseren Welt aus. Ein Abfallologe kennt seinen Müll-Knigge aus dem Effeff und angelt schon mal die Plastikzahnbürste aus dem Verpackungsmüll, weil sie in die Reststofftonne gehört. Ja, so geht es auch. Jüngst im Kommen sind nun die Müllvermeider. Angesichts des alltäglichen, sich wie ein Tsunami ausbreitenden Verpackungswahns um uns herum eine vielleicht überfällige Reaktion. Doch gegen den gut gemeinten Versuch dieser Rebellen wirkt Sisyphos wie ein Waisenknabe. Der Fels, den der alte Grieche als Strafe der Götter auf ewig den Berg hoch rollen musste, blieb wenigstens immer gleich groß. Anders beim Müllvermeider. Kaum hat er´s geschafft, irgendwo lose Nudeln zu er- gattern und damit eine Verpackung zu sparen, ist an anderer Stelle schon wieder der Salat paletten- weise in Plastikschalen gesteckt worden. Also, hier die gute Nachricht für alle passio- nierten Mülltrenner: Die Zukunft ist rosig. Unsere Abfallproduktion zeichnet sich durch ein äußerst robustes Wachstum aus. Der Müll wird uns nicht ausgehen. Deshalb trennen wir, was nicht zusam- mengehört, und schaffen Ordnung. Das können wir Deutschen gut. Mit ein wenig Durchhaltever- mögen schafft es unsere blau-gelb-schwarz-brau- ne Tonnenlandschaft vielleicht doch noch in asi- atische Reisekataloge – als lang verkannte Quelle des nationalen Reichtums.

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